Über das Projekt

Projektidee


Antriebstechnik auf Basis von Wasserstoff (H2) stellt eine der zentralen Möglichkeiten dar, Mobilitäts- und Logistikprozesse nachhaltig zu gestalten. Das Projekt „Wasserstofftechnologie Business Process Management Modeling“ (H2BPMM) hat zum Ziel, den Aufbau der für H2-Antriebstechnik notwendigen Infrastruktur zu begleiten. Die Digitalisierung bietet hierbei die Chance, die Prozesse in Mobilität und Logistik effizienter zu gestalten und damit die Einführung von bzw. die Umgestaltung zu H2-basierten Prozessen zu unterstützen.

Gerade im Bereich der Genehmigungsverfahren, z. B. einer Wasserstoff-Tankstelle, aber auch in anderen Prozessen in Mobilität und Logistik, ist der Fluss von spezifischen Informationen zwischen unterschiedlichen Stakeholdern und Systemen von großer Bedeutung. Dabei muss die Gestaltung dieser Prozesse die verschiedenen am jeweiligen Prozess beteiligten Anwender angemessen unterstützen. Dazu ist der entsprechende Prozess hinreichend genau zu definieren. Dies ist gerade für die neue Anwendung von H2 in den Bereichen E-Government, Mobilität und Logistik oft noch nicht gegeben.

Ziele des Projektes


Das H2BPMM-Projekt ermittelt beispielhaft anhand eines Genehmigungsprozesses einer Wasserstofftankstelle, welche Informationen seitens der Antragstellenden wirklich benötigt werden und in welchen Schritten des Prozesses sie generiert bzw. verarbeitet werden.

Das Projekt verfolgt im Wesentlichen drei Ziele:

1. Die effiziente Gestaltung des Genehmigungsprozesses von Infrastrukturen für den Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft am Beispiel der Genehmigung von stationären und mobilen Wasserstoff-Tankstellen.

2. Die Entwicklung eines standardisierten Genehmigungsablaufes bzw. einer entsprechenden Blaupause für die Genehmigung einer Wasserstoff-Tankstelle mit spezifischen technischen Parametern, die kommunale und landesspezifische Regulierungen im Bereich der Metropolregion Nordwest berücksichtigt.

3. Die Entwicklung eines Verfahrens, mit dem Darstellungen von Arbeitsabläufen mit optimiert verzahnter Informationsversorgung effizient und zuverlässig erstellt werden können. Dieses Verfahren wird universell für die Digitalisierung von Geschäfts- und Verwaltungsprozessen anwendbar sein und das E-Government unterstützen.

Projektablauf


Zum Erreichen der Ziele ist es notwendig, Kernprozesse im Bereich der Mobilität und Logistik, die mit der Nutzung von H2 in diesen Bereichen einhergehen, zu untersuchen und (weiter) zu entwickeln.
Die Prozesse werden in Form von Modellen, die in informationstechnischen Systemen abgebildet werden, beschrieben. Das Modellierungsverfahren muss erlauben, darzustellen, wann welche Information wo bereitzustellen ist.
Die bisher gängigen Verfahren des Business Process Modeling basieren grundsätzlich auf der Berücksichtigung ganzer Dokumente, von denen jedes einzelne jedoch eine Vielzahl von Einzelinformationen enthält. Das ist nicht hinreichend genau und erlaubt es nicht, die Verzahnung von Prozessschritten mit ihren Informationen mit vertretbarem Aufwand und ausreichend fehlerfrei darzustellen. Dementsprechend ist eine Erweiterung der Modellierung vorzunehmen.

Folgende Projektschritte sind innerhalb des Vorhabens vorgesehen:

Erstellung einer strategischen Prozesskette und Dokumentenanalyse


Auf Basis einer umfangreichen Dokumentenanalyse, vor allem hinsichtlich der Erfordernisse seitens des Bundes-Immissionsschutz-Gesetzes (BImSchG) und der Betriebssicherheits-Verordnung (BetrSichV), erfolgte in einem ersten Schritt die Aufnahme des grundsätzlichen IST-Prozesses der Genehmigung einer Wasserstoff-Tankstelle in Form einer strategischen Prozesskette.

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Die strategische Prozesskette ermöglicht es die Inhalte der weiteren Modellierung zu definieren, Verantwortlichkeiten zu klären und Prozessparameter zu identifizieren. Zudem bietet sie eine Basis für den Austausch mit Antragstellenden und Genehmigungsbehörden.

Innerhalb der weiteren Dokumentenanalyse werden aus den genehmigungsrechtlichen Leitfäden und den rechtlichen Gesetzestexten die die Genehmigung einer Wasserstoff-Tankstelle spezifizierenden Informationen und der jeweilige Umfang des Genehmigungsprozesses herausgefiltert.
Dies ist für Antragstellende besonders wichtig, da es für Antragstellende innerhalb der komplexen Genehmigungspraxis schwierig ist, das für seine geplante Anlage erforderliche Verfahren zu identifizieren.

Morphologische Analyse und FAST


Mit Hilfe der so genannten Function Analysis System Technique (FAST) können die tatsächlich für den Genehmigungsablauf einer Wasserstoff-Tankstelle benötigten Informationen erfasst werden. Ausgehend von der Analyse der eigentlichen Funktion des Genehmigungsprozesses wird schrittweise über die Frage „Wie wird diese Funktion umgesetzt?“ die Funktionalität detailliert dargestellt, bis man am Ende der Analyse die Eingangsgrößen bestimmt hat. Diese stellen bei informationsintensiven Prozessen Informationen dar.

Die tatsächlich benötigten Informationen und somit das Verfahren, das für die Genehmigung einer Wasserstoff-Tankstelle zum Einsatz kommt, hängen dabei wesentlich von den technischen Eigenschaften und Ausprägungen einer H2-Tankstelle ab und werden von den Nutzungspfaden dieser Anlage beeinflusst, wie z. B. dem Anschluss an ein Gasversorgungsnetz oder die Nutzung eines Untergrundspeichers oder einer Rückverstromungseinheit.

Daher ist es vor der Durchführung der FAST-Analyse hilfreich, die möglichen technischen Parameter einer Wasserstoff-Tankstelle sowie deren Nutzungspfade zu bestimmen und damit zur Auflösung der Komplexität des Genehmigungsprozesses beizutragen. Als Methode hierfür wurde die Morphologische Analyse gewählt, die als Kreativitätstechnik dabei unterstützen kann, Probleme vollständig zu erfassen und alle Möglichkeiten darzustellen.

Mit Hilfe eines „Morphologischen Kastens“ werden die Eigenschaften (Einflussgrößen) einer Wasserstoff-Tankstelle und alle ihrer denkbaren Ausprägungen aufgelistet. Ein Ausschnitt aus dem „Morphologischen Kasten“ ist der folgenden Grafik zu entnehmen.

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Die Ergebnisse der IST-Analyse, der Literaturrecherche, der Function Analysis System Technique (FAST) sowie des „Morphologischen Kastens“ werden durch Interviews und Workshops mit Antragstellern und am Genehmigungsprozess beteiligten Einrichtungen evaluiert, um eine „Standard-Wasserstoff-Tankstelle“ und einen davon abgeleiteten Soll-Prozess zu ermitteln.

Prozessmodellierung mit BPMN und Toolentwicklung


Neben der Analyse des Genehmigungsprozesses für eine Wasserstoff-Tankstelle wird das Verfahren zur Modellierung von Prozessen gegenüber dem aktuellen Stand der Technik qualitativ erweitert, so dass die Modellierung auf einzelnen Informationen beruht anstatt auf ganzen Dokumenten mit je einer Vielzahl von Informationen.

Hierfür wird die grafische Spezifikationssprache Business Process Model and Notation auf ihre Anwendbarkeit geprüft. Die Erweiterung wird über eine Matrixdarstellung vorgenommen. In ihr werden in den Spaltenüberschriften die Prozessschritte und in den Zeilenbeschriftungen die wirklich benötigten Informationen aufgenommen. Der Kern der Matrix nimmt dann in Anlehnung an die CRED (1)-Einträge den Lebenslauf der Informationsobjekte entlang des Prozesses auf.

Zur Beurteilung der Notation wurden bereits verschiedene genehmigungsrechtliche Prozesse modelliert und im Falle des auf der Webseite anwendbaren Demonstrators automatisiert. Bei der Anwendung des Demonstrators wird über einige wenige Parameter einer imaginären Wasserstoff-Tankstelle als Antwort des Systems das zu beschreitende Genehmigungsverfahren ausgegeben.

Für die bisherige Modellierung wurde als Tool die Camunda-Software mit der BPMN-Standardpalette unter Zuhilfenahme des DMN-Standards (Decision Model and Notation) genutzt. Über die Camunda Workflow-Engine konnte die Ausführung der Modellierungen und die Automatisierung, auf die über einen Hochschulserver zugegriffen werden konnte, ermöglicht werden.
Hiermit konnte bereits früh im Projekt gezeigt werden, dass eine Teilautomatisierung und damit eine Unterstützung des Antragsstellers auch niederschwellig möglich sind.
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(1) C: create; R: read; E: edit; D: delete

Netzwerkbildung und Öffentlichkeitsarbeit


Mit den Ergebnissen des Projektes möchten wir sowohl die an dem Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden und weitere Einrichtungen als auch die Antragstellenden unterstützen. Dabei wird angestrebt, die sehr komplexen Genehmigungsverfahren am Beispiel einer Wasserstoff-Tankstelle für die Anwendung zu erleichtern.

Im Rahmen von Arbeitskreisen und Workshops mit den Akteuren werden neuralgische Themen der H2-Einsatzmöglichkeiten in den Bereichen Mobilität und Logistik identifiziert und die Zusammenarbeit an der Schnittstelle zwischen Wasserstoffanwendungen und Business Process Modeling gefördert.

Das entwickelte Verfahren wird universell für die Digitalisierung von Geschäfts- und Verwaltungsprozessen anwendbar sein. Im Projekt wird es ein in der Praxis verwendbares Modell des Beispielprozesses liefern, das auf in den einzelnen Prozessschritten benötigten Informationen (Input) und generierten Informationen (Output) basiert. Dieses Modell unterstützt die Digitalisierung, wird aber auch ohne Digitalisierung für die Optimierung des Prozesses hilfreich sein.

Die Projektförderung


Das Projekt H2BPMM wird aus Mitteln des Förderfonds der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten e. V. gefördert:
https://www.metropolregion-nordwest.de
Eine substanzielle Kofinanzierung erfolgt über die Bremerhavener Gesellschaft für Investitionsförderung und Stadtentwicklung mbH (BIS):
https://www.bis-bremerhaven.de

Die Projektlaufzeit erstreckt sich von Juli 2020 bis August 2022.